Hospitation in der Freiwilligenagentur Landkreis Regensburg: Für das „Wir-Gefühl“ des Landkreises wird unglaublich viel getan

Der Besuch in der Freiwilligenagentur Landkreis Regensburg bietet Einblicke in eine Organisation, die Ehrenamt und Gemeinschaft großschreibt. Von der Nachbarschaftshilfe über Lesepaten bis zur beliebten „Vereinsschule“ wird deutlich, wie ein lebendiges Netzwerk Ehrenamtliche zusammenbringt und stärkt.

Selfie vor der Stadt Regensburg: Charlotte Reimann, Projektleiterin Freiwilligenzentrum im Kreis Plön, mit Dr. Gaby von Rhein, Leiterin der Freiwilligenagentur Landkreis Regensburg

11.11.2024

Ein Tag der zeigt, was möglich ist, wenn Verwaltung und Engagement Hand in Hand gehen.

Willkommen im modernen Landratsamt

Als ich im Landratsamt Regensburg ankomme, bin ich beeindruckt: der Neubau wirkt hell, modern und freundlich, mit einem zentralen Kinderbereich im Foyer, in dem ein Kleinkind fröhlich spielt. Ich fühle mich gleich willkommen. Die Wände der verschiedenen Etagen sind in leuchtenden Farben gestrichen, sodass sich Besucher besser orientieren können. Sitzgelegenheiten aus Naturholz verleihen den langen Verwaltungsfluren eine wohnliche Atmosphäre. Der Innenhof ist auch Ende Oktober noch eine grüne Oase mit Sträuchern und kleinem Teich.

Die Leiterin der Freiwilligenagentur, Dr. Gaby von Rhein, begrüßt mich strahlend und stellt mich gleich ihrem Team vor. Wir haben uns bereits am Vorabend in einer lauschigen bayrischen Wirtschaft – nach einer Führung durch die wunderschöne Regensburger Altstadt – intensiv ausgetauscht. Gaby hat die Agentur maßgeblich mit aufgebaut, war außerdem jahrelang im Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft (lagfa) Bayern engagiert und ist mittlerweile für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (bagfa) bundesweit unterwegs. Einen Tag lang darf ich im Rahmen des bagfa-Hospitationsprogrammes die fünf Kolleginnen bei ihrer Arbeit begleiten und ihnen über die Schulter schauen. Wir stellen schnell fest, dass wir ganz ähnliche Themen haben. Dabei lerne ich von ihnen, sie aber auch von mir.

Nachbarschaftshilfe im ganzen Landkreis

Auf 15 erfolgreiche Jahre kann die Freiwilligenagentur Landkreis Regensburg bereits zurückblicken. Mit Nachbarschaftshilfe fing damals alles an. Lisa Finn-Hampel, stellvertretende Leiterin, koordiniert die organisierte Nachbarschaftshilfe im Landkreis. Mittlerweile gibt es in 28 Gemeinden regionale Anlaufstellen. Das lebendige Netzwerk wird auf Landkreisebene durch Fortbildungen und Vernetzung unterstützt. Ich bin begeistert von dem Konzept, denn genau so etwas fehlt (noch) im Kreis Plön. Regelmäßig bekomme ich Anfragen aus dem ganzen Kreisgebiet von Menschen, die sich eine „Leih-Oma“ wünschen oder Ehrenamtliche brauchen, die einem Rollstuhlfahrer beim Einkaufen helfen, die einsame Menschen besuchen oder mit dementen Menschen spazieren gehen. Oft fehlt diesen Menschen ein lokales Netzwerk, etwa weil Familien neu in den Kreis gezogen sind oder Ältere mehr Unterstützung brauchen, die erwachsenen Kinder jedoch weggezogen sind.

Weiterbildungen mit Fachreferenten aus dem Haus

Lisa, die unter anderem auch den Newsletter der Freiwilligenagentur verantwortet, findet die Idee klasse, darin die neuen Angebote aus der Freiwilligenbörse zu bewerben. Etwas, das wir im Freiwilligenzentrum im Kreis Plön regelmäßig machen, um die Leser unseres Newsletters auf neue Engagementmöglichkeiten aufmerksam zu machen.

Mich hingegen interessiert, welche Themen die Freiwilligenagentur im Landkreis Regensburg (eine Freiwilligenagentur der Stadt Regensburg gibt es nämlich auch!) in ihren Schulungen anbieten. Judith Scheuerer erzählt mir, dass die Themen „Feste feiern“ und „Steuern und Gemeinnützigkeit“ besonders beliebt sind. Besonders praktisch ist dabei der enge Draht zu den entsprechenden Fach-Kolleginnen im Haus, die bei den Veranstaltungen zu Jugendschutz, Gaststättenrecht, Straßenverkehrsrecht und Lebensmittelhygiene usw. informieren. So wissen die Ehrenamtlichen auch gleich, an wen sie sich für die Planung ihrer nächsten Veranstaltung wenden können. Eine Idee, die ich gern mitnehme.

Lesepaten und Ehrungen

Gisela Rothballer, eine zierliche Kollegin und diejenige im Team, die schon am längsten im Landratsamt arbeitet, kümmert sich um das Thema Ehrungen und ist im Landkreis zuständig für die Bayerische Ehrenamtskarte. Auch in Schleswig-Holstein gibt es eine landesweite Ehrenamtskarte, ein Zeichen der Anerkennung für Engagierte, die damit Vergünstigungen in staatlichen oder kommunalen Einrichtungen oder Rabatte beim Einkauf bekommen. Von Gisela erfahre ich auch, wie viel Organisationsaufwand in der Vorbereitung der Termine für Ehrungen steckt. Schließlich müssen die zu Ehrenden Zeit haben und auch die Politikerinnen, die die Orden und Auszeichnungen überreichen, haben volle Terminkalender.

Eine weitere Kollegin koordiniert die Lesepaten und die MENTOR Leselernhelfer, die bereits seit der Gründung der Freiwilligenagentur vor 15 Jahren zum festen Angebot der Agentur zählen. Im Kreis Plön gibt es seit Sommer 2023 unter dem Dach des Kreisjugendrings ein solches Lesementorinnen-Netzwerk, das jedoch federführend von Ehrenamtlichen organisiert wird – was im Ehrenamt durchaus herausfordernd ist.

10-jähriges Jubiläum der Vereinsschule

Abends durfte ich an der Auftaktveranstaltung der 10. Staffel der Vereinsschule des Landkreises Regensburg teilnehmen. 770 Vereine hat die Freiwilligenagentur mit ihrem Angebot in den vergangenen 10 Jahren im Landkreis erreicht. Da ich als Projektleiterin in den vergangenen zwei Jahren im Freiwilligenzentrum im Kreis Plön rund 20 Weiterbildungen für Vereine und Ehrenamtliche organisiert und durchgeführt habe, bin ich gespannt, wie ein solcher Abend bei den Kolleginnen in Bayern abläuft.

Landrätin Tanja Schweiger lässt es sich nicht nehmen, zur Begrüßung der Ehrenamtlichen anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Vereinsschule vorbeizukommen. Sie ist eine große Unterstützerin und Förderin der Vereinsschule und des ehrenamtlichen Engagements im Landkreis. Das Thema Ehrenamt hat als Stabsstelle eine hervorgehobene Position in der Organisationsstruktur des Landratsamts. Das trägt Früchte: Der Landkreis Regensburg hat sich in Sachen Unterstützung und Förderung des Ehrenamts in den vergangenen Jahren bayern- und bundesweit einen Namen gemacht. Seine Freiwilligenagentur ist im Sommer zum zweiten Mal auf Bundesebene als „ausgezeichnete Agentur“ gewürdigt worden.

Eine "Marke" mit überregionaler Strahlkraft

Gaby von Rhein ist stolz auf das, was sie erreicht haben. „Mit der Vereinsschule haben wir eine richtige Marke gesetzt“, freut sie sich. Dabei stand sie dem Konzept anfangs durchaus skeptisch gegenüber. Die Landrätin hatte die Vision, im Landkreis einen festen Ansprechpartner für Vereine – die Hauptorganisationen von Engagement – zu etablieren. Angelehnt an die bewährte "Unternehmerschule" wurde dann die "Vereinsschule" ins Leben gerufen. „Dabei handelte es sich nicht um eine reine Fortbildungsreihe, sondern es wurde plötzlich Netzwerk und Plattform für den ganzen Landkreis“, berichtet Gaby von Rhein. Die Reihe wurde bedarfsorientiert geplant, die Themen kamen von den Ehrenamtlichen. „Für das ‚Wir-Gefühl' des Landkreises haben wir damit unglaublich viel getan“, resümiert Landrätin Tanja Schweiger. Sie wünscht sich, dass sich dieses Erfolgskonzept bundesweit durchsetzt.

Wertschätzung von Engagement

Das Thema am heutigen Abend im Regensburger Landratsamt ist „Hilfe annehmen, kann man das lernen?“. Die Veranstaltung richtet sich nicht nur an Vereinsvorstände, sondern auch an Ehrenamtliche in der Nachbarschaftshilfe. Der Referentin, Dr. Katharina Gold, Diplompädagogin, Supervisorin und systemische Therapeutin, gelingt es schnell, das Eis zu brechen. Rund 20 Teilnehmende tauschen sich im Sitzungssaal zwei Stunden in schönstem Bayrisch über ihre Erfahrungen aus. Die Anregung der Dozentin, über eigene Glaubenssätze („Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“) nachzudenken, nehmen sie gern an. Zwischendrin gibt es eine Pause zum Austausch und Netzwerken mit einem Fingerfood-Buffet mit bunten Gemüsespießen, Wraps und belegten Brötchen, zubereitet von der Kantine des Landratsamts. Ein schöner Abend mit kleinem Catering – auch das ist Wertschätzung von Engagement.

Vorbild für Engagementförderung

Der Besuch in der Freiwilligenagentur im Landkreis Regensburg hinterlässt bei mir einen bleibenden Eindruck: Hier zeigt sich, wie Politik und Verwaltung das Ehrenamt auf beeindruckende Weise auf Kreisebene fördern und lebendig halten. Von Schulungen bis zur Anerkennung durch die Ehrenamtskarte – im Landkreis Regensburg werden Freiwillige wertgeschätzt und bestärkt. Die enge Zusammenarbeit von Verwaltung und Ehrenamt könnte auch im Norden Deutschlands als Vorbild dienen und macht Lust darauf, die Engagementförderung im Kreis Plön weiterzudenken und weiterzuentwickeln.

Vielen Dank an die Regensburger Kolleginnen für ihre herzliche Gastfreundschaft! Im Frühjahr 2025 wird eine Kollegin aus Bayern zu uns in den Norden kommen, um sich ein Bild zu machen, wie wir im Kreis Plön Ehrenamt fördern - ich bin schon sehr gespannt! Vielen Dank an die bagfa für die Förderung dieses wertvollen Erfahrungsaustausches über Kreis- und Landesgrenzen hinweg.

Charlotte Reimann, Projektleiterin Freiwilligenzentrum im Kreis Plön


Copyright Bilder: Freiwilligenagentur im Kreis Plön